Aktuelle Veranstaltungen
07.01.2025 Jiří Mordechai Langer - Die Erotik der Kabbala
Jüdische Orthodoxie und homoerotische Sehnsucht scheinen sich auszuschließen. Umso erstaunlicher ist die kaum bekannte Geschichte des Prager Schriftstellers und Talmud-Gelehrten Jiří Mordechai Langer, der 1894 in eine assimilierte jüdische Familie in Prag hineingeboren wurde. Mit 19 Jahren verließ er plötzlich diese moderne bürgerliche Welt, und schloss sich der chassidischen Synagoge des Rabbi Jissachar Dow Rokeach in der ostgalizischen Kleinstadt Bels an. Im dortigen „Haus des Forschens“ findet er in der Gemeinschaft mit anderen Schülern eine neue jüdische Identität, die sich aus dem liebevollen Umgang der Talmudschüler untereinander speist. In dem 1923 veröffentlichten Büchlein „Die Erotik der Kabbala“ beschreibt er beispielsweise die körperliche Nähe junger Männer in der Talmud-Schule als Ausdruck des gemeinsamen Forschens: „Hier sitzen zwei Jünglinge... über einem dicken Talmud-Folianten. Der eine hält den anderem an seinem Bärtchen, schaut ihm tief in die Augen und erklärt ihm dabei die schwierige Talmud-Stelle. Dort gehen zwei Freunde in ein Gespräch vertieft im Saal herum, sie halten einander umschlungen... In der dunklen Ecke steht ein Paar... Der Ältere liegt förmlich mit der ganzen Vorderseite seines Körpers an ihn gedrückt; sie schauen sich liebevoll in die Augen und schweigen.“ In Blühers Hauptwerk „Die Rolle der Erotik in der männlichen Gesellschaft“ wird Langer eine Erklärung für diese tiefempfundene Zuneigung der chassidischen Männer zueinander finden, ohne allerdings Blühers autoritären Beziehungsmodellen nachzueifern. Wir wollen anhand von Texten von und über Jiří Mordechai Langer seine Auffassung von der zentralen Rolle der Erotik für die jüdische Religion zu verstehen versuchen.
21.01.2025 Film „Du darfst nicht lieben.“
Der verheiratete ultra-orthodoxe Metzger Aaron stellt nach anfänglichem Zögern den jungen schwulen Talmud-Studenten Ezri als Gehilfe ein. Nach und nach verbringen sie auch viel Freizeit zusammen: Gehen gemeinsam ins Ritualbad und feiern den Shabbat zusammen. Es entsteht eine tiefe, auch sexuelle Liebesbeziehung, die aber von den Nachbarn in dem ultra-orthodoxen Stadtteil von Tel Aviv heftig kritisiert wird. Der Rabbiner ohrfeigt Aaron sogar, nachdem dieser ihm gesteht, dass er Ezri brauche: Vorher sei er tot gewesen, mit Ezri würde er überhaupt erst anfangen, zu leben. Ohne Ezri könne er nicht mehr leben. Nachdem Ezri auf der Straße von Chassidim verprügelt wird, verläßt er Aaron und das Stadtviertel. Aaron ist verzweifelt. Der Film von Regisseur Chaim Tabakman berichtete von großen Problemen beim Drehen im jüdisch-orthodoxen Viertel Mea Shearim. Er glaubt: „Viele Menschen in diesen Gemeinden führen ein Doppelleben.“. Die heftige Ablehnung von Homosexualität könnte auch damit zu tun haben, was Mordechai Langer in seiner „Erotik der Kabbala“ „Die Liebe unter den 'Joschwim'“ (Männern, die ganztägig, ohne den Zwang zur Arbeit, in der Synagoge Talmud-Texte studieren) nannte, eine homoerotisch gefärbte Zuneigung, deren sexuelle Ebene aber nicht offenbar werden darf.
04.02.2025 Alexander Zinn „Maintöchter. Schwule, Lesben, Trans- und Intersexuelle in Frankfurt am Main 1933-1994“
Im August 2021 stellte der Soziologe und Historiker Alexander Zinn im „Cafe Karussell“ eine Skizze seiner umfassenden Studie über die Lebensumstände von LGBTI*-Menschen zwischen 1935 bis 1994 vor, die er im Auftrag des Fritz-Bauer-Institutes Frankfurt durchführen sollte. Inzwischen ist die Studie fertiggestellt und wird Anfang Januar 2025 im Wallstein-Verlag erscheinen. Michael Holy hat sich ein Rezensionsexemplar besorgt und wird einige Ergebnisse vorstellen. Insbesondere soll Zinns Bewertung der Historie, „dass es trotz staatlicher Repression immer wieder gelang, Freiräume zu erkämpfen“ kritisch hinterfragt werden. Denn der Begriff „Freiräume erkämpfen“ entstand im Zuge der (zum Teil) illegalen Besetzung von Häusern und Jugendzentren, um rechtsfreiere, d.h. autonom bestimmte soziale Räume zu schaffen. Darüberhinaus wird uns interessieren, wie Zinn die Geschichte der Schwulen- und Lesbenbewegung nach 1969 in Frankfurt verarbeitet hat, eine Zeit, die wir selber erlebt haben. Einen Tag später, nämlich am 5.2.2025, wird Zinn dann seine Studie selber im Raum 1801 des Uni-Campus Westend vorstellen.
18.02.2025 30 Jahre Frankfurter Engel
Als die von der Kölner Künstlerin Rosemarie Trockel geschaffene Skupltur „Frankfurter Engel“ am 24. November 1994 auf dem Platz vor dem „Eldorado-Kino“ ankam und installiert wurde, lag eine über vierjährige Geschichte der gemeinsamen Arbeit und inhaltlicher Auseinandersetzungen hinter der „Initiative Mahnmal Homosexualität“. Mit der Übergabe des „Engel“ an die Öffentlichkeit und an die Stadt Frankfurt am 11. Dezember 1994 im Rahmen einer Feierstunde in der Paulskirche und am Klaus-Mann-Platz, besaß Frankfurt nicht nur das erstes vollplastisches Mahnmal das in Deutschland an die Homosexuellenverfolgung erinnert. Es war seinerzeit auch das einzige Mahnmal, das explizit die Leiden lesbischer Frauen in der NS-Zeit einbezog: „Homosexuelle Männer und Frauen wurden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet. Die Verbrechen wurden geleugnet, die Getöteten verschwiegen, die Überlebenden verachtet und verurteilt. Daran erinnern wir in dem Bewusstsein, dass Männer, die Männer lieben, und Frauen, die Frauen lieben, immer wieder verfolgt werden können. Frankfurt am Main. Dezember 1994“. Bis heute verneint ein Teil der Forscher, darunter auch Alexander Zinn, dass es auch eine Verfolgung lesbischer Frauen in der NS-Zeit gab, weil sie ihren Verfolgungsbegriff auf Strafverfolgung beschränken, die es bekanntlich für lesbische Beziehungen nicht gab. Wir wollen das Jubiläum für einen Rückblick auf die Geschichte des „Frankfurter Engel“ nutzen.
Alle Veranstaltungen finden nach jetziger Planung „live“ im Switchboard statt.
Alte Gasse 36, 60313 Frankfurt am Main, von 14:30 bis ca. 17 Uhr. Die eigentliche Veranstaltung beginnt gegen 15 Uhr.
Bei akuten Infektionen bitte zu hause auskurieren!
Damit wir wegen der begrenzten Sitze im Switchboard (maximal 25 Sitzplätze) niemanden wegschicken müssen, bitten wir um Anmeldung unter cafekarussel@gmx.de.
Alle Veranstaltungen dauern ungefähr 1 1/2 Stunden.
Das Switchboard in der Alten Gasse 36 öffnet wie immer um 14:30 Uhr,
die eigentliche Veranstaltung beginnt gegen 15:15 Uhr.
Außerdem:
Jeden Dienstag in der Zeit von 14:00 bis 16:00 Uhr bietet ein qualifizierter Berater der AG36 – Schwules Zentrum – telefonische (069) 295959 und persönliche Beratung für homosexuelle Männer 60 plus in der Alten Gasse 36 an.
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